Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Twenty Thousand Leagues Under the Sea

   Zehntes Capitel.

   CHAPTER 10

   Der Mann des Meeres.

   The Man of the Waters

   Es war der Commandant an Bord, welcher dies sprach.

   IT WAS THE ship's commander who had just spoken.

   Auf diese Worte stand Ned-Land plötzlich auf. Der Steward verließ auf einen Wink seines Herrn wankend die Zelle; aber – so zauberhaft wirkte der Wink des Commandanten – nicht eine Geberde verrieth den Groll, den dieser Mensch gegen den Canadier gefaßt haben mußte. Conseil, außergewöhnlich theilnehmend, ich voll Bestürzung, harrten wir schweigend auf die Entwickelung der Scene.

   At these words Ned Land stood up quickly. Nearly strangled, the steward staggered out at a signal from his superior; but such was the commander's authority aboard his vessel, not one gesture gave away the resentment that this man must have felt toward the Canadian. In silence we waited for the outcome of this scene; Conseil, in spite of himself, seemed almost fascinated, I was stunned.

   Der Commandant an eine Ecke des Tisches gelehnt, die Arme gekreuzt, beobachtete uns mit gespannter Achtsamkeit. Nahm er Anstand zu reden? Bereute er die soeben gesprochenen Worte? Man konnte meinen.

   Arms crossed, leaning against a corner of the table, the commander studied us with great care. Was he reluctant to speak further? Did he regret those words he had just pronounced in French? You would have thought so.

   Nach einer kleinen Pause, die Niemand unterbrach, sprach er mit ruhigem, eindringlichem Ton:

   After a few moments of silence, which none of us would have dreamed of interrupting:

   »Meine Herren, ich spreche französisch, englisch, deutsch und Latein. Ich hätte Ihnen also gleich bei unserer ersten Zusammenkunft antworten können, aber ich wollte Sie erst kennen lernen, sodann überlegen. Ihre vierfache, dem Inhalt nach übereinstimmende Erzählung hat mich auch über Ihre Persönlichkeit versichert. Ich weiß nun, daß der Zufall des Schicksals zu mir geführt hat Herrn P. Arronax, Professor der Naturgeschichte am Museum zu Paris, der mit einer wissenschaftlichen Sendung in's Ausland betraut ist; seinen Diener Conseil, und Ned-Land aus Canada, Harpunier an Bord der Fregatte Abraham Lincoln, von der Nationalmarine der Vereinigten Staaten Amerika's.«

   "Gentlemen," he said in a calm, penetrating voice, "I speak French, English, German, and Latin with equal fluency. Hence I could have answered you as early as our initial interview, but first I wanted to make your acquaintance and then think things over. Your four versions of the same narrative, perfectly consistent by and large, established your personal identities for me. I now know that sheer chance has placed in my presence Professor Pierre Aronnax, specialist in natural history at the Paris Museum and entrusted with a scientific mission abroad, his manservant Conseil, and Ned Land, a harpooner of Canadian origin aboard the Abraham Lincoln, a frigate in the national navy of the United States of America."

   Ich verneigte mich mit dem Ausdruck der Zustimmung. Da mir keine Frage gestellt war, hatte ich nicht zu antworten.

Der Mann sprach mit vollkommener Leichtigkeit, ohne falsche Betonung. Seine Sätze waren klar, seine Ausdrücke richtig, seine Aussprache auffallend leicht. Und dennoch fühlte ich, daß er nicht mein Landsmann war.

   I bowed in agreement. The commander hadn't put a question to me. So no answer was called for. This man expressed himself with perfect ease and without a trace of an accent. His phrasing was clear, his words well chosen, his facility in elocution remarkable. And yet, to me, he didn't have "the feel" of a fellow countryman.

   Er fuhr folgendermaßen fort:

   He went on with the conversation as follows:

   »Es ist Ihnen, mein Herr, gewiß auffallend gewesen, daß ich so lange mit meinem zweiten Besuch gezögert habe. Allein ich wollte reiflich erwägen, welchen Entschluß ich Ihnen gegenüber zu ergreifen hätte. Ich habe lange geschwankt. Sehr bedauerliche Umstände haben Sie in die Nähe eines Mannes gebracht, der mit der Menschheit gebrochen hat. Sie stören durch Ihre Anwesenheit meine Existenz ....

   "No doubt, sir, you've felt that I waited rather too long before paying you this second visit. After discovering your identities, I wanted to weigh carefully what policy to pursue toward you. I had great difficulty deciding. Some extremely inconvenient circumstances have brought you into the presence of a man who has cut himself off from humanity. Your coming has disrupted my whole existence."

   – Ohne es zu wollen, sagte ich.

   "Unintentionally," I said.

   – Ohne zu wollen? erwiderte der Unbekannte mit etwas gehobener Betonung. Verfolgt mich der Abraham Lincoln wider Willen auf allen Meeren? Haben Sie sich wider Willen an Bord dieser Fregatte eingefunden? Sind Ihre Kugeln wider Willen von meinem Schiff abgeprallt? Hat mich Meister Ned-Land wider Willen mit seiner Harpune getroffen?«

   "Unintentionally?" the stranger replied, raising his voice a little. "Was it unintentionally that the Abraham Lincoln hunted me on every sea? Was it unintentionally that you traveled aboard that frigate? Was it unintentionally that your shells bounced off my ship's hull? Was it unintentionally that Mr. Ned Land hit me with his harpoon?"

   Ich nahm bei diesen Worten eine fortdauernde Gereiztheit wahr. Doch hatte ich auf alle diese Beschuldigungen eine ganz natürliche Antwort zu geben, und gab sie.

   I detected a controlled irritation in these words. But there was a perfectly natural reply to these charges, and I made it.

   »Mein Herr, sagte ich, Sie wissen ohne Zweifel nicht, was in Betreff Ihrer in Amerika und Europa geredet worden ist. Sie wissen nicht, daß verschiedene Unfälle, die durch einen Stoß Ihres unterseeischen Fahrzeugs vorkamen, die öffentliche Meinung auf beiden Continenten außerordentlich aufgeregt haben. Ich verschone Sie mit den zahllosen Hypothesen, womit man die unerklärliche Erscheinung, deren Geheimniß einzig in Ihrer Hand lag, zu erklären suchte. Aber wissen Sie, daß bei Ihrer Verfolgung der Abraham Lincoln meinte ein starkes Seeungeheuer zu verfolgen, von welchem der Ocean um jeden Preis befreit werden müsse.«

   "Sir," I said, "you're surely unaware of the discussions that have taken place in Europe and America with yourself as the subject. You don't realize that various accidents, caused by collisions with your underwater machine, have aroused public passions on those two continents. I'll spare you the innumerable hypotheses with which we've tried to explain this inexplicable phenomenon, whose secret is yours alone. But please understand that the Abraham Lincoln chased you over the Pacific high seas in the belief it was hunting some powerful marine monster, which had to be purged from the ocean at all cost."

   Ein verhaltenes Lächeln auf den Lippen, fuhr der Commandant in ruhigerem Tone fort:

   A half smile curled the commander's lips; then, in a calmer tone:

   »Herr Arronax, Sie werden wohl nicht zu behaupten wagen, daß Ihre Fregatte nicht eben so wohl ein unterseeisches Boot verfolgt und kanonirt habe, als ein Ungeheuer?«

   "Professor Aronnax," he replied, "do you dare claim that your frigate wouldn't have chased and cannonaded an underwater boat as readily as a monster?"

   Diese Frage setzte mich in Verlegenheit, denn gewiß hätte der Commandant Farragut kein Bedenken getragen es zu thun. Er hätte für seine Pflicht gehalten, ein Fahrzeug dieser Art ganz ebenso wie einen Riesen-Narwal zu vernichten.

   This question baffled me, since Commander Farragut would certainly have shown no such hesitation. He would have seen it as his sworn duty to destroy a contrivance of this kind just as promptly as a gigantic narwhale.

   »Sie begreifen also, mein Herr, fuhr der Unbekannte fort, daß ich Sie als Feinde zu behandeln berechtigt bin.«

   "So you understand, sir," the stranger went on, "that I have a right to treat you as my enemy."

   Ich blieb die Antwort schuldig. Wozu sollte es dienen einen solchen Satz zu erörtern, wann die Gewalt der besten Beweisgründe Meister ist.

   I kept quiet, with good reason. What was the use of debating such a proposition, when superior force can wipe out the best arguments?

   »Ich habe lange geschwankt, fuhr der Commandant fort. Ich hatte keine Verbindlichkeit, Sie gastlich aufzunehmen. Wenn ich mich von Ihnen scheiden mußte, hatte ich kein Interesse daran Sie wieder zu sehen. Ich ließ Sie wieder auf die Plateform meines Schiffes bringen, wohin Sie sich geflüchtet hatten; ich tauchte in die Tiefe und vergaß Ihr Dasein. War ich nicht dazu berechtigt?

   "It took me a good while to decide," the commander went on. "Nothing obliged me to grant you hospitality. If I were to part company with you, I'd have no personal interest in ever seeing you again. I could put you back on the platform of this ship that has served as your refuge. I could sink under the sea, and I could forget you ever existed. Wouldn't that be my right?"

   – Es war vielleicht die Berechtigung eines Wilden, fuhr ich fort, aber nicht eines civilisirten Menschen.

   "Perhaps it would be the right of a savage," I replied. "But not that of a civilized man."

   – Herr Professor, versetzte lebhaft der Commandant, ich gehöre nicht zu denen, welche Sie civilisirt nennen! Ich habe mit der ganzen menschlichen Gesellschaft gebrochen, aus Gründen, welche ich allein zu würdigen berechtigt bin. Ich befolge also auch nicht ihre Regeln, und fordere Sie auf, sich bei mir nie auf dieselben zu berufen.«

   "Professor," the commander replied swiftly, "I'm not what you term a civilized man! I've severed all ties with society, for reasons that I alone have the right to appreciate. Therefore I obey none of its regulations, and I insist that you never invoke them in front of me!"

   Dies sprach er klar und bestimmt. Zorn und Verachtung strahlten aus dem Auge des Unbekannten, und ich sah, daß das Leben dieses Mannes eine furchtbare Vergangenheit hatte. Er hatte sich nicht allein außerhalb der menschlichen Gesetze gestellt, sondern sich auch davon unabhängig gemacht, frei im strengen Sinn des Wortes, ganz unerreichbar! Wer sollte auch wagen, ihn auf den Meeresgrund zu verfolgen, da er auf der Oberfläche die gegen ihn verhängte Verfolgung vereitelte? Welches Schiff könnte einem Stoß seines unterseeischen Monitor widerstehen? Welcher auch noch so starke Panzer könnte die Stöße seines Sporns aushalten? Kein Mensch könnte ihn für seine Thaten zur Rechenschaft ziehen. Gott, wenn er an ihn glaubte, sein Gewissen, wenn er eins hatte, waren seine einzigen Richter.

   This was plain speaking. A flash of anger and scorn lit up the stranger's eyes, and I glimpsed a fearsome past in this man's life. Not only had he placed himself beyond human laws, he had rendered himself independent, out of all reach, free in the strictest sense of the word! For who would dare chase him to the depths of the sea when he thwarted all attacks on the surface? What ship could withstand a collision with his underwater Monitor? What armor plate, no matter how heavy, could bear the thrusts of his spur? No man among men could call him to account for his actions. God, if he believed in Him, his conscience if he had one-- these were the only judges to whom he was answerable.

   Diese Gedanken durchkreuzten sich rasch in meinem Geist, während der sonderbare Mann, vertieft und in sich selbst versenkt schwieg. Das Interesse, womit ich ihn betrachtete, war mit Schrecken gemischt.

   These thoughts swiftly crossed my mind while this strange individual fell silent, like someone completely self-absorbed. I regarded him with a mixture of fear and fascination, in the same way, no doubt, that Oedipus regarded the Sphinx.

   Nach einer langen Pause ergriff der Commandant wieder das Wort.

   After a fairly long silence, the commander went on with our conversation.

   »Ich habe also geschwankt, sprach er, aber ich habe gedacht, mein Interesse lasse sich mit dem natürlichen Mitgefühl vereinigen, worauf jedes menschliche Wesen Anspruch hat. Sie sollen an Bord meines Schiffes bleiben, weil das Verhängniß sie dahin verschlagen hat. Sie sollen da frei sein, und zum Entgelt für diese, übrigens ganz verhältnißmäßige, Freiheit will ich Ihnen nur eine einzige Bedingung auferlegen. Ihr Wort, sie anzunehmen, wird mir genügen.

   "So I had difficulty deciding," he said. "But I concluded that my personal interests could be reconciled with that natural compassion to which every human being has a right. Since fate has brought you here, you'll stay aboard my vessel. You'll be free here, and in exchange for that freedom, moreover totally related to it, I'll lay on you just one condition. Your word that you'll submit to it will be sufficient."

   – Reden Sie, mein Herr, erwiderte ich, ich denke, diese Bedingung gehört zu denen, welche ein Ehrenmann annehmen kann?

   "Go on, sir," I replied. "I assume this condition is one an honest man can accept?"

   – Ja, mein Herr, und ich will sie Ihnen mittheilen. Es wäre möglich, daß gewisse unvorhergesehene Ereignisse mich nöthigten, Sie auf Stunden oder Tage, nach Bedürfniß, in Ihrer Cabine einzuhalten. Da ich niemals Gewalt anzuwenden wünsche, erwarte ich in diesem Fall mehr wie in jedem anderen willigen Gehorsam. Durch dieses Verfahren decke ich Ihre Verantwortlichkeit, entbinde Sie gänzlich, denn ich kann Sie in die Unmöglichkeit versetzen, zu sehen, was nicht gesehen werden darf. Sind Sie diese Bedingungen zufrieden?«

   "Yes, sir. Just this. It's possible that certain unforeseen events may force me to confine you to your cabins for some hours, or even for some days as the case may be. Since I prefer never to use violence, I expect from you in such a case, even more than in any other, your unquestioning obedience. By acting in this way, I shield you from complicity, I absolve you of all responsibility, since I myself make it impossible for you to see what you aren't meant to see. Do you accept this condition?"

   Es gingen also an Bord des Fahrzeugs Dinge vor, die zum Mindesten ganz eigenthümlicher Art waren, und die von Leuten, welche nicht außerhalb der socialen Gesetze standen, nicht gesehen werden durften!

   So things happened on board that were quite odd to say the least, things never to be seen by people not placing themselves beyond society's laws! Among all the surprises the future had in store for me, this would not be the mildest.

   »Wir nehmen sie an, erwiderte ich. Nur möcht' ich Sie, mein Herr, um die Erlaubniß bitten, eine einzige Frage an Sie zu richten.

   "We accept," I replied. "Only, I'll ask your permission, sir, to address a question to you, just one."

   – Reden Sie, mein Herr.

   "Go ahead, sir."

   – Sie haben gesagt, wir sollten frei auf Ihrem Schiffe sein?

   "You said we'd be free aboard your vessel?"

   – Vollständig.

   "Completely."

   – Ich frage Sie also, was Sie unter dieser Freiheit verstehen.

   "Then I would ask what you mean by this freedom."

   – Nun, die Freiheit hin und her zu gehen, zu sehen, selbst alles, was hier vorgeht, zu beobachten, – außer in manchen seltenen Fällen, – kurz, die Freiheit, welche wir selbst genießen, ich sammt meinen Genossen.«

   "Why, the freedom to come, go, see, and even closely observe everything happening here--except under certain rare circumstances-- in short, the freedom we ourselves enjoy, my companions and I."

   Offenbar verstanden wir uns nicht.

   It was obvious that we did not understand each other.

   »Verzeihen Sie, mein Herr, fuhr ich fort, aber diese Freiheit besteht nur in derjenigen, welche jeder Gefangene hat, in seinem Kerker hin- und herzugehen! Diese kann uns nicht genügen.

   "Pardon me, sir," I went on, "but that's merely the freedom that every prisoner has, the freedom to pace his cell! That's not enough for us."

   – Doch muß sie Ihnen genügen!

   "Nevertheless, it will have to do!"

   – Wie! Sollen wir für immer verzichten, unsere Heimat, Freunde und Verwandte wieder zu sehen!

   "What! We must give up seeing our homeland, friends, and relatives ever again?"

   – Ja, mein Herr. Aber das auf der Erde unerträgliche Joch, welches die Menschen Freiheit nennen, sich wieder aufzuladen, darauf zu verzichten, ist vielleicht nicht so peinlich, als Sie glauben!

   "Yes, sir. But giving up that intolerable earthly yoke that some men call freedom is perhaps less painful than you think!"

   – Das wäre! rief Ned-Land. Niemals werde ich mein Wort darauf geben, daß ich nicht mich zu retten suche!

   "By thunder!" Ned Land shouted. "I'll never promise I won't try getting out of here!"

   – Ich fordere Ihnen nicht Ihr Wort ab, Meister Land, erwiderte kalt der Commandant.

   "I didn't ask for such a promise, Mr. Land," the commander replied coldly.

   – Mein Herr, versetzte ich, gegen Gewohnheit entrüstet, Sie mißbrauchen Ihre Lage! Das ist Grausamkeit!

   "Sir," I replied, flaring up in spite of myself, "you're taking unfair advantage of us! This is sheer cruelty!"

   – Nein, mein Herr, Gnade ist's. Sie sind meine Kriegsgefangenen! Ich behalte Sie am Leben, während es mich nur ein Wort kosten würde, Sie im Meeresgrund zu versenken! Sie haben mich angegriffen! Sie sind unversehens in den Besitz eines Geheimnisses gelangt, in welches kein Mensch auf der Welt dringen darf, das Geheimniß meines Daseins! Und Sie glauben, daß ich Sie wieder auf die Erde entlassen werde, die keine Kenntniß mehr von mir haben soll! Niemals! Indem ich Sie zurückhalte, schütze ich nicht Sie, sondern mich selbst!«

   "No, sir, it's an act of mercy! You're my prisoners of war! I've cared for you when, with a single word, I could plunge you back into the ocean depths! You attacked me! You've just stumbled on a secret no living man must probe, the secret of my entire existence! Do you think I'll send you back to a world that must know nothing more of me? Never! By keeping you on board, it isn't you whom I care for, it's me!"

   Diese Worte gaben zu erkennen, daß der Commandant einen Entschluß gefaßt hatte, gegen welchen kein Argument durchdringen konnte.

   These words indicated that the commander pursued a policy impervious to arguments.

   »Also mein Herr, fuhr ich fort, Sie geben uns nur die Wahl zwischen Leben und Tod?

   "Then, sir," I went on, "you give us, quite simply, a choice between life and death?"

   – Ganz einfach.

   "Quite simply."

   – Meine Freunde, sagte ich, auf eine so gestellte Frage giebt's keine Antwort. Aber kein Wort bindet uns an den Herrn dieses Fahrzeugs.

   "My friends," I said, "to a question couched in these terms, our answer can be taken for granted. But no solemn promises bind us to the commander of this vessel."

   – Kein Wort, mein Herr,« erwiderte der Unbekannte.

   "None, sir," the stranger replied.

   Dann fuhr er in sanfterm Tone fort:

   Then, in a gentler voice, he went on:

   »Jetzt erlauben Sie mir, Herr Arronax, vollständig mitzutheilen, was ich Ihnen zu sagen habe. Ich kenne Sie, Herr Arronax. Sie, wenn auch nicht Ihre Gefährten, werden sich vielleicht über das Schicksal, welches Sie an mein Loos fesselt, nicht so sehr zu beklagen haben. Sie finden unter den Büchern, welche zu meiner Lieblingslectüre gehören, das Werk über die großen Tiefen des Meeres, welches Sie herausgegeben haben. Ich hab' es öfters gelesen. Sie sind in diesem Werk so weit vorgedrungen, als die Wissenschaft auf der Erde Ihnen möglich machte. Aber Sie wissen nicht Alles, haben nicht Alles gesehen. Lassen Sie mich also Ihnen sagen, Herr Professor, daß Sie die an meinem Bord verbrachte Zeit nicht bereuen werden. Sie sollen im Land der Wunder reisen. Staunende Verwunderung wird vielleicht beständig Ihre Seele füllen. Das ununterbrochen Ihren Augen dargebotene Schauspiel wird Sie nicht leicht abstumpfen. Ich will eine nochmalige unterseeische Reise um die Welt – wer weiß? vielleicht die letzte – vornehmen, um meine Studien auf dem Grund dieser so oft befahrenen Meere zu wiederholen, und Sie sollen mein Studiengenosse sein. Von diesem Tag an werden Sie in ein neues Element treten, Sie werden sehen, was noch kein Mensch zu sehen vermochte, – denn ich und die Meinigen zählen nicht mehr, – und unser Planet wird Ihnen durch meine Vermittlung seine letzten Geheimnisse mittheilen.«

   "Now, allow me to finish what I have to tell you. I've heard of you, Professor Aronnax. You, if not your companions, won't perhaps complain too much about the stroke of fate that has brought us together. Among the books that make up my favorite reading, you'll find the work you've published on the great ocean depths. I've pored over it. You've taken your studies as far as terrestrial science can go. But you don't know everything because you haven't seen everything. Let me tell you, professor, you won't regret the time you spend aboard my vessel. You're going to voyage through a land of wonders. Stunned amazement will probably be your habitual state of mind. It will be a long while before you tire of the sights constantly before your eyes. I'm going to make another underwater tour of the world-- perhaps my last, who knows?--and I'll review everything I've studied in the depths of these seas that I've crossed so often, and you can be my fellow student. Starting this very day, you'll enter a new element, you'll see what no human being has ever seen before-- since my men and I no longer count--and thanks to me, you're going to learn the ultimate secrets of our planet."

   Ich kann's nicht leugnen, diese Worte des Commandanten machten einen starken Eindruck auf mich. Ich war an meiner schwachen Seite gefaßt, und vergaß auf einen Augenblick, daß die Anschauung dieser erhabenen Dinge die verlorene Freiheit nicht aufwiegen konnte. Uebrigens rechnete ich auf die Zukunft, um diese wichtige Frage zu lösen. Daher beschränkte ich mich darauf zu erwidern:

   I can't deny it; the commander's words had a tremendous effect on me. He had caught me on my weak side, and I momentarily forgot that not even this sublime experience was worth the loss of my freedom. Besides, I counted on the future to resolve this important question. So I was content to reply:

   »Mein Herr, wenn Sie mit der Menschheit gebrochen haben, so will ich glauben, daß Sie damit nicht alles menschliche Gefühl abgelegt haben. Wir sind Schiffbrüchige, welche an Bord Ihres Fahrzeugs barmherzig aufgenommen wurden, das werden wir nie vergessen. Was mich betrifft, so verkannte ich nicht, daß, wenn das Interesse an der Wissenschaft den Menschen so weit in Besitz nimmt, daß er das Bedürfniß der Freiheit darüber vergißt, – dasjenige, was unsere Zusammenkunft mir verspricht, mir große Vergütungen gewähren würde.«

   "Sir, even though you've cut yourself off from humanity, I can see that you haven't disowned all human feeling. We're castaways whom you've charitably taken aboard, we'll never forget that. Speaking for myself, I don't rule out that the interests of science could override even the need for freedom, which promises me that, in exchange, our encounter will provide great rewards."

   Ich dachte, der Commandant werde mir die Hand reichen, um unsern Vertrag zu besiegeln. Er that's nicht. Es that mir leid um seinetwillen.

   I thought the commander would offer me his hand, to seal our agreement. He did nothing of the sort. I regretted that.

   »Noch eine Frage, die letzte, sagte ich im Moment, wo dies unerklärliche Wesen Miene machte, sich zurückzuziehen.

   "One last question," I said, just as this inexplicable being seemed ready to withdraw.

   – Reden Sie, Herr Professor.

   "Ask it, professor."

   – Mit welchem Namen darf ich Sie nennen?

   "By what name am I to call you?"

   – Mein Herr, erwiderte der Commandant, ich bin für Sie nur der Kapitän Nemo, und Sie nebst Ihren Gefährten sind für mich nur die Passagiere des Nautilus.«

   "Sir," the commander replied, "to you, I'm simply Captain Nemo; to me, you and your companions are simply passengers on the Nautilus."

   Der Kapitän Nemo rief. Ein Steward erschien. Der Kapitän ertheilte ihm seine Befehle in der fremdartigen Sprache, welche ich nicht erkennen konnte. Darauf wendete er sich zu dem Canadier und Conseil mit den Worten:

   Captain Nemo called out. A steward appeared. The captain gave him his orders in that strange language I couldn't even identify. Then, turning to the Canadian and Conseil:

   »Ein Mahl wartet in Ihrer Cabine auf Sie. Folgen Sie gefälligst diesem Manne.

   "A meal is waiting for you in your cabin," he told them. "Kindly follow this man."

   – Das läßt man sich gerne gefallen!« erwiderte der Harpunier.

   "That's an offer I can't refuse!" the harpooner replied.

   Conseil verließ mit ihm endlich diese Zelle, worin sie seit länger als dreißig Stunden eingeschlossen waren.

   After being confined for over thirty hours, he and Conseil were finally out of this cell.

   »Und nun, Herr Arronax, unser Frühstück ist bereit. Erlauben Sie mir, daß ich vorausgehe.

   "And now, Professor Aronnax, our own breakfast is ready. Allow me to lead the way."

   – Wie Sie befehlen, Kapitän.«

   "Yours to command, captain."

   Ich folgte dem Kapitän Nemo, und sowie ich aus der Thür getreten war, gingen wir durch einen elektrisch erleuchteten etwa zehn Meter langen Gang, dann öffnete sich vor uns eine zweite Thüre.

   I followed Captain Nemo, and as soon as I passed through the doorway, I went down a kind of electrically lit passageway that resembled a gangway on a ship. After a stretch of some ten meters, a second door opened before me.

   Wir traten nun in einen Speisesaal, der in strengem Styl möblirt und ausgeschmückt war. An beiden Enden desselben befanden sich hohe Anrichttische von Eichenholz mit eingelegten Verzierungen, und auf Fachbrettern prangten Fayence, Porzellan- und Glasgefäße von unschätzbarem Werth. Das Silbergeräthe glänzte in den Strahlen, die von einer erleuchteten Decke herabfielen, deren Glanz durch seine Gemälde gemildert war.

   I then entered a dining room, decorated and furnished in austere good taste. Inlaid with ebony trim, tall oaken sideboards stood at both ends of this room, and sparkling on their shelves were staggered rows of earthenware, porcelain, and glass of incalculable value. There silver-plated dinnerware gleamed under rays pouring from light fixtures in the ceiling, whose glare was softened and tempered by delicately painted designs.

   In der Mitte des Saales stand ein reich besetzter Tisch. Der Kapitän Nemo wies mir meinen Platz an:

   In the center of this room stood a table, richly spread. Captain Nemo indicated the place I was to occupy.

   »Setzen Sie sich, sprach er zu mir, und essen Sie wie ein Mann, der wohl Hunger zum Sterben haben wird.«

   "Be seated," he told me, "and eat like the famished man you must be."

   Das Frühstück bestand aus einer Anzahl Gerichte, die lediglich das Meer geliefert hatte, und einigen, deren Beschaffenheit ich nicht erkennen konnte. Ich gebe zu, daß es gut war, aber mit einem besondern Beigeschmack, woran ich mich leicht gewöhnte. Diese verschiedenen Speisen schienen mir reich an Phosphor zu sein, und ich dachte mir, sie müßten aus dem Meere herkommen.

   Our breakfast consisted of several dishes whose contents were all supplied by the sea, and some foods whose nature and derivation were unknown to me. They were good, I admit, but with a peculiar flavor to which I would soon grow accustomed. These various food items seemed to be rich in phosphorous, and I thought that they, too, must have been of marine origin.

   Der Kapitän Nemo blickte mich an. Ich richtete keine Frage an ihn, aber er errieth meine Gedanken und antwortete von selbst auf Fragen, die ich gerne gethan hätte.

   Captain Nemo stared at me. I had asked him nothing, but he read my thoughts, and on his own he answered the questions I was itching to address him.

   »Die meisten dieser Gerichte sind Ihnen wohl unbekannt, sagte er, doch können Sie ohne Besorgniß sie genießen. Sie sind gesund und nahrhaft. Auf Nahrungsmittel von der Erde hab' ich lange verzichtet, und befinde mich darum nicht übler. Meine kräftige Mannschaft genießt dieselbe Nahrung wie ich.

   "Most of these dishes are new to you," he told me. "But you can consume them without fear. They're healthy and nourishing. I renounced terrestrial foods long ago, and I'm none the worse for it. My crew are strong and full of energy, and they eat what I eat."

   – Also, sagte ich, sind diese Speisen alle Erzeugnisse des Meeres?

   "So," I said, "all these foods are products of the sea?"

   – Ja, Herr Professor, das Meer befriedigt alle meine Bedürfnisse. Bald werf' ich meine Zugnetze aus, und ziehe sie zum Bersten voll wieder herein. Bald geh' ich mitten in diesem Element, das dem Menschen unzugänglich zu sein scheint, auf die Jagd, und erlege Wild in meinen unterseeischen Waldungen. Meine Heerden weiden, gleich denen des alten Hirten Neptun, ohne Furcht auf dem unermeßlichen Wiesenland des Oceans. Ich habe da ein ungeheures Besitzthum, das ich selbst nutzbar mache, und das von der Hand des Schöpfers aller Dinge stets eingesäet wird.«

   "Yes, professor, the sea supplies all my needs. Sometimes I cast my nets in our wake, and I pull them up ready to burst. Sometimes I go hunting right in the midst of this element that has long seemed so far out of man's reach, and I corner the game that dwells in my underwater forests. Like the flocks of old Proteus, King Neptune's shepherd, my herds graze without fear on the ocean's immense prairies. There I own vast properties that I harvest myself, and which are forever sown by the hand of the Creator of All Things."

   Ich blickte den Kapitän Nemo mit einigem Erstaunen an, und antwortete:

   I stared at Captain Nemo in definite astonishment, and I answered him:

   »Ich begreife wohl, mein Herr, daß Ihre Netze Ihnen vortreffliche Fische auf die Tafel liefern; minder begreiflich ist mir, daß Sie Ihr Wasserwild in Ihren unterseeischen Wäldern jagen; aber durchaus unbegreiflich, daß ein Stück Fleisch, so klein es sein mag, unter Ihren Gerichten sich findet.

   "Sir, I understand perfectly how your nets can furnish excellent fish for your table; I understand less how you can chase aquatic game in your underwater forests; but how a piece of red meat, no matter how small, can figure in your menu, that I don't understand at all."

   – Ich habe auch, mein Herr, versetzte der Kapitän Nemo, niemals Fleisch von Landthieren auf dem Tisch.

   "Nor I, sir," Captain Nemo answered me. "I never touch the flesh of land animals."

   – Dieses doch, erwiderte ich, und wies auf einen Teller, worauf noch einige Schnitt Filet waren.

   "Nevertheless, this . . . ," I went on, pointing to a dish where some slices of loin were still left.

   – Was Sie für Fleisch halten, Herr Professor, ist nichts anders, als Meerschildkröte. Ebenso ist dort Leber vom Delphin, welche Sie für Schweineragout nehmen würden. Mein Koch versteht sich vortrefflich darauf, diese verschiedenen Producte des Meeres zuzubereiten und aufzubewahren. Kosten Sie alle diese Speisen. Diese Conserve von Holothurien würde ein Malaie für das beste Gericht auf der Welt halten. Jene Sahne dort ist von der Milch von Seesäugethieren, und der Zucker kommt von dem großen Fucus des Nordmeers endlich erlauben Sie mir von dem Anemonen-Confect anzubieten, welches dem schmackhaftesten Obst gleichkommt.«

   "What you believe to be red meat, professor, is nothing other than loin of sea turtle. Similarly, here are some dolphin livers you might mistake for stewed pork. My chef is a skillful food processor who excels at pickling and preserving these various exhibits from the ocean. Feel free to sample all of these foods. Here are some preserves of sea cucumber that a Malaysian would declare to be unrivaled in the entire world, here's cream from milk furnished by the udders of cetaceans, and sugar from the huge fucus plants in the North Sea; and finally, allow me to offer you some marmalade of sea anemone, equal to that from the tastiest fruits."

   Ich kostete, mehr aus Neugierde, während der Kapitän Nemo mich durch seine unwahrscheinlichen Berichte ergötzte.

   So I sampled away, more as a curiosity seeker than an epicure, while Captain Nemo delighted me with his incredible anecdotes.

   »Aber dieses Meer, Herr Arronax, fuhr er fort, gewährt mir nicht nur die vortreffliche Nahrung, sondern auch Kleidung. Die Stoffe Ihrer Kleider sind aus den Fasern einiger Muscheln gewebt und mit antikem Purpur gefärbt. Das Parfüm auf der Toilette Ihrer Cabine ist aus Seepflanzen destillirt. So sind Ihr Bett, Ihre Feder und Tinte aus Bestandtheilen gemacht, welche das Meer liefert. So ist's mit Allem, was ich jetzt bedarf.

   "But this sea, Professor Aronnax," he told me, "this prodigious, inexhaustible wet nurse of a sea not only feeds me, she dresses me as well. That fabric covering you was woven from the masses of filaments that anchor certain seashells; as the ancients were wont to do, it was dyed with purple ink from the murex snail and shaded with violet tints that I extract from a marine slug, the Mediterranean sea hare. The perfumes you'll find on the washstand in your cabin were produced from the oozings of marine plants. Your mattress was made from the ocean's softest eelgrass. Your quill pen will be whalebone, your ink a juice secreted by cuttlefish or squid. Everything comes to me from the sea, just as someday everything will return to it!"

   – Sie sind ein Freund des Meeres, Kapitän.

   "You love the sea, captain."

   – Ja wohl! Das Meer bedeckt sieben Zehntel der Erdoberfläche, und der Seewind ist rein und gesund. In dieser unermeßlichen Einöde ist der Mensch doch nie allein; denn er fühlt das Leben um ihn herum; ein übernatürliches wundervolles Dasein rührt sich in demselben; es ist nur Bewegung und Liebe. Und wirklich, Herr Professor, finden wir die drei Naturreiche, Mineralien, Pflanzen und Thiere in demselben repräsentirt. Das letztere Reich am stärksten durch vier Gruppen von Pflanzenthieren, drei Klassen Gliederthiere, fünf Klassen Mollusken, drei Klassen Wirbelthiere, Säugethiere, Reptilien und die unzählige Menge Fische. Diese Abtheilung des Thierreichs zählt dreizehntausend Gattungen, wovon nur der zehnte Theil den süßen Gewässern angehört. So ist das Meer eine ungeheure Wohnstätte der Natur. Es herrscht darin die äußerste Ruhe. Das Meer ist außerhalb der Macht der Tyrannen. Auf seiner Oberfläche können sie noch Ungerechtigkeit üben, sich bekämpfen, alle Schrecken verüben. Aber dreißig Fuß unterhalb hört ihre Gewalt auf. Ach! mein Herr, im Meeresschoß allein ist Unabhängigkeit! Da fühlt man sich frei!«

   "Yes, I love it! The sea is the be all and end all! It covers seven-tenths of the planet earth. Its breath is clean and healthy. It's an immense wilderness where a man is never lonely, because he feels life astir on every side. The sea is simply the vehicle for a prodigious, unearthly mode of existence; it's simply movement and love; it's living infinity, as one of your poets put it. And in essence, professor, nature is here made manifest by all three of her kingdoms, mineral, vegetable, and animal. The last of these is amply represented by the four zoophyte groups, three classes of articulates, five classes of mollusks, and three vertebrate classes: mammals, reptiles, and those countless legions of fish, an infinite order of animals totaling more than 13,000 species, of which only one-tenth belong to fresh water. The sea is a vast pool of nature. Our globe began with the sea, so to speak, and who can say we won't end with it! Here lies supreme tranquility. The sea doesn't belong to tyrants. On its surface they can still exercise their iniquitous claims, battle each other, devour each other, haul every earthly horror. But thirty feet below sea level, their dominion ceases, their influence fades, their power vanishes! Ah, sir, live! Live in the heart of the seas! Here alone lies independence! Here I recognize no superiors! Here I'm free!"

   Mitten in diesem Schwung des Enthusiasmus verstummte der Kapitän plötzlich. Hatte er sich zu weit aus seiner gewohnten Rückhaltung herausreißen lassen? Er ging einige Augenblicke in großer Bewegung umher. Darauf, als er wieder ruhig geworden, wendete er sich zu mir mit den Worten:

   Captain Nemo suddenly fell silent in the midst of this enthusiastic outpouring. Had he let himself get carried away, past the bounds of his habitual reserve? Had he said too much? For a few moments he strolled up and down, all aquiver. Then his nerves grew calmer, his facial features recovered their usual icy composure, and turning to me:

   »Jetzt, Herr Professor, wenn Sie den Nautilus besichtigen wollen, stehe ich zu Ihren Diensten.«

   "Now, professor," he said, "if you'd like to inspect the Nautilus, I'm yours to command."

Text from zeno.org
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